Erste Eindrücke
Mit einer Verspätung von zweieinhalb Stunden – Behebung einer Flugzeugpanne - treffen wir erschöpft in Kinshasa ein. Freude und Dank überwiegen die Strapazen des 22 Stunden Tages. Um 2 Uhr morgens – nachdem wir auch noch eine Reifenpanne überstanden haben – kommen wir ins Bett. Die Freude des Wiedersehens mit Alfred und Lily und am Folgetag mit einigen Freunden hier ist gross.Kinshasa zeigt sich kaum anders als in den vergangenen Jahren, daran ändern die neuen Plakate, die Joseph Kabila als „neuen Rais“ vorstellen, nichts. Der congolesische Alltag, wie wir ihn kennen, pulsiert mit seinen vielen Stimmen, hupenden Autofahrern, Abgasen, Rauchschwaden und spazierenden Hühnern. Der Kampf und die Sorge ums Überleben nehmen die Menschen vorallem innerlich in Anspruch. Das ruhige Sitzen hinter dem Verkaufsstand täuscht.
N. einer unserer Kollegen aus der Spitalseelsorge besucht uns. Unser Gespräch kommt schnell in Gang. Plötzlich muss ich ihn fragen: „Wie geht es Dir denn wirklich?“ Die Bewegung auf seinem Gesicht redet zu mir. Als Spitalseelsorger hat er immer noch keinen Lohn und kann nur mühsam mit Nebenjobs für das Schul- und Studiengeld seiner Kinder aufkommen. Dann ist da seine Sorge „wie wird es denn gehen, wenn ich körperlich nicht mehr in der Lage bin zu sorgen..? Immer wieder schäme ich mich, dass ich meinen Kindern keinen Lohn aus meiner Arbeit mitbringen kann!“ Betroffenheit und Wut steigen in mir auf! Nicht nur N.lebt unter Scham und Druck, sondern Millionen andere seines Volkes!
Als Schweizer wüssten wir ja meistens bald, was und wie man es machen müsste. Doch je länger ich mich mit den Menschen dieses Landes beschäftige, werde ich still und betroffen. Es ist nicht weg zu reden, dass das Zehnfache (!) unserer Entwicklungsgelder in der Gegenrichtung aus dem Süden nach Norden zurückfliesst. Dies durch viele versteckte Kanälen, wie Unterzahlung der Rohstoffe, Schmiergeldzahlungen, Rücklagen in unseren Banken usw. Da steigt in mir – diesmal aus ganz anderen Gründen – die Scham hoch.
Albert Schweitzer wollte etwas vom Unrecht der Kolonisten wieder gut machen. Das ist das Einzige, was wir tun können und wollen. So ermutigen wir uns, dem Schwierigen des hiesigen Alltags mit seinen Strom- und Wasserpannen, einem gefährlichen Verkehr und anderen Überraschungen standzuhalten. Ja, wir freuen uns mit den Menschen hier zusammen zu sein und mit ihnen daran zu glauben, dass aus leeren Händen etwas wächst.
Am Samstag, den 2.November besucht Beatrice die Frauen in ihrem Strickprojekt, unser Kurs beginnt dann Freitag nächster Woche.
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