Samstag, 27. Dezember 2014

Goma
Ein Schluss und mit welchen Ausrufzeichen!



Am Ende des fünfwöchigen cpt-Kurses blieb für mich eine enorme Herausforderung. Ich hatte vor einem Jahr an der theologischen Fakultät das Versprechen gegeben, im Rahmen der praktischen Theologie eine „Vorlesung“ von 30 Stunden zu halten. Glücklicherweise werde ich dabei von den beiden Co-leitern des Kurses Grégoire Ntobo und Samuel Aluta tatkräftig unterstützt.
ein aufmerksames und aktives Auditorium
Ist es möglich Inhalte und Ziele unserer Ausbildung, die ganz stark mit persönlichen Erfahrungen verbunden ist, umzuwandeln in einen Kurs von 30 Stunden? Die Herausforderung ist gross, doch ich möchte sie packen und wage den Versuch. Ich bin mir bewusst, ich kann bloss für Begegnungen sensibilisieren, nicht üben! So starten wir mit einem Rollenspiel, das aus einer im Spital erlebten Situation heraus entstanden ist.
Arbeitsgruppen, in Sälen, Gängen……oder unter einem Pavillon

Die engagierte Aufmerksamkeit und Mitarbeit der 25 Studenten überraschen uns. Als würde auch ein Funke von ihnen zu uns überspringen sind auch wir Leitende zunehmend von Begeisterung erfüllt! Sie möchten, dass dieser Kurs in den nächsten Jahren mit doppelter Stundenzahl durchgeführt wird...! Ihr abschliessenden Rückmeldungen zeugen lebhaft davon, wieviel sie für ihre pastorale Arbeit gewonnen haben!
Le superviseur Grégoire en action



Es lässt sich nicht ausschliessen, dass die Fakultäten in Zukunft von den Supervisoren eine derartige Woche für die Studienabschlüsse wünschen!.

Ein Tag der Fortbildung

Am letzten Tag vor meiner Rückreise in die Schweiz treffen sich fünf Teilnehmer des letzjährigen Kurses mit fünf Teilnehmenden des diesjährigen Kurses unter einem Pavillon, der am See liegt. Wir sind geschützt vor einer sengenden Sonne und geniessen erst noch den leichten Südwind.


Es wächst eine schöne Begegnung und die gemeinsame Arbeit tut uns gut. Die Teilnehmenden ergreifen die Gelegenheit, ihre aktuelle Lebensgeschichte in neuem Licht zu erzählen und in einem mitgebrachten Symbol sinnenhaft darzustellen. Nach einem mageren Pic-nic erleben wir eine modellhafte Intervision zu einer Situation, die eine der Teilnehmenden mitgebracht hat.

Wir beschliessen den Tag mit dem Entscheid für die Gründung einer sich regelmässig treffenden Intervisionsgruppe. Wir besprechen Strukturen, Organisationsformen und Verantwortlichkeiten. Dies letzte auch besonders im Hinblick auf die Gründung und Leitung ähnlicher Gruppen innerhalb von Kirchgemeinden oder einem Verband von Gemeinden, respektive innerhalb eines Spitals).

Das alles verspricht viel! Ich freue mich!

Jean-Claude Schwab


Samstag, 13. Dezember 2014

Goma 2014
Eine Region im Zustand des Stresses nach traumatischen Erfahrungen, gewichtige Begegnungen im Spitalbluse



Am Tag nach meiner Ankunft in Goma Ende Oktober höre ich schlechte Nachrichten aus der Region Béni (300 km nördlich von Goma): unbekannte Rebellen sind aus den Wäldern aufgetaucht, sind in die Häuser eingedrungen, um alles Lebende zu töten! Kaum aufgetaucht verschwinden sie wieder in den Weiten der umliegenden Wälder. Man spricht von etwa 80 Toten. Die Menschen werden unruhig, auch hier in Goma!

Dennoch muss man hier weiterleben! Man verdrängt die Unruhe für eine Zeit. Richtig aber ist es zu sagen, dass die ganze hiesige Region unter post-traumatischem Stress leidet! Schlimm genug, dass dieser Zustand nun schon seit 20 Jahren dauert! Dennoch lassen es sich die Menschen hier nicht nehmen, sich an der wunderbaren Natur zu freuen, unsere Kursteilnehmer tun es ebenso. Und das ist dann für uns auch wie ein göttlicher Hauch, der uns umgibt und unser Zusammensein kostbar macht!





Mittlerweile wird aber der fern geglaubte Horror greifbare Gegenwart: unsere Kursteilnehmer begegnen im Spital den Ueberlebenden des Terrors. Traumatisierte wirken oft als wären sie halb schlafend.

Unsere Teilnehmenden erleben eine starke Spannung und sind innerlich hin- und hergerissen. Sie sind schockiert über dem, was sie hören wollen und hören müssen. Sie hören Unerträgliches-unglaubliches. Dann aber wird auch deutlich, dass sie ja selber diese Nähe zum Horror auch aus ihren Erfahrungen, in sich kennen! Auch ihre zugedeckten Schrecknisse müssen an die Oberfläche!

In unserer cpt-Ausbildung wollen wir immer neu aufdecken, wo billiger Trost gespendet wird. So gehen wir den langen Weg, die eigenen Zerbrechlichkeiten zu entdecken! Dabei wird auch deutlich, dass es nicht um eine Methode geht, sondern, dass dies ein Anfang ist zur eigenen Genesung. Dieser Weg ist kostbar, denn er führt an die eigenen Heilkräfte heran! Und ganz nahe ist dann auch das Heilungsweg der begleiteten Patienten!



beim Lernen mit Hilfe des Rollenspiels

Dann hören wir wieder von mörderischen Razzien in der Stadt Béni. Die congolesischen wie die UNO Truppen scheinen durch neue Strategien überfordert. - Auch für uns im Kurs ist es ähnlich, wir müssen lernen, dass der Weg zum Begleiten der Leidenden lang und weit ist. Wir beginnen zu ahnen, dass wir auch noch anderes brauchen: den Mut, auf das Böse aufmerksam zu machen und das Vertrauen zu stärken!




die Arbeit ist hart und dauert lange

Jean-claude Schwab

Goma 2014
Eine Region im Zustand des Stresses nach traumatischen Erfahrungen, gewichtige Begegnungen im Spitalbluse



Am Tag nach meiner Ankunft in Goma Ende Oktober höre ich schlechte Nachrichten aus der Region Béni (300 km nördlich von Goma): unbekannte Rebellen sind aus den Wäldern aufgetaucht, sind in die Häuser eingedrungen, um alles Lebende zu töten! Kaum aufgetaucht verschwinden sie wieder in den Weiten der umliegenden Wälder. Man spricht von etwa 80 Toten. Die Menschen werden unruhig, auch hier in Goma!

Dennoch muss man hier weiterleben! Man verdrängt die Unruhe für eine Zeit. Richtig aber ist es zu sagen, dass die ganze hiesige Region unter post-traumatischem Stress leidet! Schlimm genug, dass dieser Zustand nun schon seit 20 Jahren dauert! Dennoch lassen es sich die Menschen hier nicht nehmen, sich an der wunderbaren Natur zu freuen, unsere Kursteilnehmer tun es ebenso. Und das ist dann für uns auch wie ein göttlicher Hauch, der uns umgibt und unser Zusammensein kostbar macht!





Mittlerweile wird aber der fern geglaubte Horror greifbare Gegenwart: unsere Kursteilnehmer begegnen im Spital den Ueberlebenden des Terrors. Traumatisierte wirken oft als wären sie halb schlafend.

Unsere Teilnehmenden erleben eine starke Spannung und sind innerlich hin- und hergerissen. Sie sind schockiert über dem, was sie hören wollen und hören müssen. Sie hören Unerträgliches-unglaubliches. Dann aber wird auch deutlich, dass sie ja selber diese Nähe zum Horror auch aus ihren Erfahrungen, in sich kennen! Auch ihre zugedeckten Schrecknisse müssen an die Oberfläche!

In unserer cpt-Ausbildung wollen wir immer neu aufdecken, wo billiger Trost gespendet wird. So gehen wir den langen Weg, die eigenen Zerbrechlichkeiten zu entdecken! Dabei wird auch deutlich, dass es nicht um eine Methode geht, sondern, dass dies ein Anfang ist zur eigenen Genesung. Dieser Weg ist kostbar, denn er führt an die eigenen Heilkräfte heran! Und ganz nahe ist dann auch das Heilungsweg der begleiteten Patienten!



beim Lernen mit Hilfe des Rollenspiels

Dann hören wir wieder von mörderischen Razzien in der Stadt Béni. Die congolesischen wie die UNO Truppen scheinen durch neue Strategien überfordert. - Auch für uns im Kurs ist es ähnlich, wir müssen lernen, dass der Weg zum Begleiten der Leidenden lang und weit ist. Wir beginnen zu ahnen, dass wir auch noch anderes brauchen: den Mut, auf das Böse aufmerksam zu machen und das Vertrauen zu stärken!




die Arbeit ist hart und dauert lange

Jean-claude Schwab

Goma 2014
die CPT-Ausbildung – welch beglückendes Erlebnis



Die Teilnehmenden unseres Kurses stammen zum grossen Teil aus der Stadt Goma, nur wenige stammen aus der gepeinigten Region Béni (dort haben leider in den letzten Wochen wieder eine Reihe von Massakren stattgefunden!). Einige stammen auch von der Insel Idjjwi. Die Mehrzahl sind Pfarrerinnen und Pfarrer, die in Spitälern und Gemeinden tätig sind. Eine kleine Minderheit sind Laien und ein Psychologe, der sehr engagiert ist in der Begleitung von Pfarrern. Unser Kurs verläuft sehr ähnlich wie vorhergehende, doch der Rahmen ist von grosser idyllischer Schönheit im Kloster Buhimba und spornt uns an, unsere Suchwege intensiv wahrzunehmen.

Die Abschlussfeier

Um möglichst vielen Verantwortlichen in Spitälern und Kirchenleitungen die Bedeutung der cpt-Arbeit sicht- und hörbar zu machen, ist es von Bedeutung, an die Oeffentlichkeit zu treten. Am Samstag den 6.Dezember kommen eine grosse Zahl von Pfarrern und Persönlichkeiten aus dem zivilen Leben zusammen. Wir schätzen die Zahl auf 200 bis 300 Personen, unter ihnen auch der Minister für Gesundheitsfragen der Provinz. Es ist ein guter Moment, dass unsere Teilnehmenden vor diesem Publikum über das Erlebte berichten können:
  1. Ich habe entdeckt, wie wichtig das Zuhören und die Aufmerksamkeit für den Gesprächpartner ist. Bei den Begegnungen im Spital habe ich realisiert, dass es nicht sein darf, dass wir nur ein Gebet sprechen, sondern es ist zentral, dass wir unserem Gegenüber die Gelegenheit geben, sich auszudrücken über sein Befinden. Müssen wir Wunder wirken? Nein, entscheidend ist ein Hören mit dem Herzen, das einem leidenden Menschen Mut macht, sich zu öffnen und auf diese Weise Schritte zur Heilung hin zu gehen. Der Ausdruck seiner Gefühle steht im Mittelpunkt.
  2. Ich bin Pfarrer seit vielen Jahren und seit 13 Jahren im Spital tätig. Ich realisierte, dass ich als Prediger alle Aufmerksamkeit auf mich lenkte. Ich versicherte meinen ZuhörerInnen, dass Gott zu ihnen redet und glaubte auch, das müsste für sie umwerfend sein! Doch heute sehe ich, dass ich wie ein Diktator gesprochen habe! Ich bitte heute um Verzeihung, dass ich mich so anmassend gebärdet habe. Mir fehlte das Hören auf den andern Menschen. Weiterzufahren wie bisher wäre ein Greuel! Heute kann ich etwas spüren von dieser inneren Aufmerksamkeit für mein Gegenüber. Auf dieses „von-Herz-zu-Herz“ will ich achten.
  3. Ich habe die beglückende Erfahrung gemacht, dass ich von andern gehört wurde. Ich bin ernst- und angenommen worden mit meiner Geschichte und all meinen Gefühlen. In der Präsenz der Kursleiter bin ich gehört worden, eine einzigartig beglückende Erfahrung. In ihrem Zuhören habe ich die Gegenwart Gottes erlebt und so ist es mir möglich geworden, eine Fülle von negativen, erniedrigenden und belastenden Gefühlen aus mir heraus zu geben und grosse Erleichterung zu finden. Ich fühle mich im Tiefsten verändert und die Früchte dieser Erfahrung werden schon in den nächsten Tagen meinen Patienten zukommen.


Der Gesundheitsminister zeigt sich sehr beeindruckt von der Bedeutung unserer Arbeit. Wird das vielleicht zu einem Auftakt für eine öffentliche Anerkennung - und finanzielle? Unterstützung - unserer Arbeit?

Jean-Claude Schwab


Fotogalerie
Ein idyllischer Ort
die angehenden Supervisoren
aus dem eigenen Leben… …in der Form eines Panoramas berichten
ein (thematisch) freies Gespräch aufarbeiten
die Welt des Spitals entdecken……und in eine Spitalbluse eintauchen …
… sogar einmal auf dem Operationstisch landen!
zurück zur Übung in Kommunikation… …auch im Hören auf das Wort in der Predigt
häufig fahrende Flugzeuge der UNO… …ausharren neben einem majestätischen (auch bedrohlichem) Vulkan…
…nie ohne Pausen voller Lachen…… am See ist es beruhigend…
…auf dem Rasen geht es sportlich zu !
wir sind froh über eine tüchtige Küchenfrauenschaft……und ein Stromaggregat
eine letzte Übung im Gespräch …und dann der Schlussrapport
unsere Absolventen werden durch die Gegenwart des Gesundheitsministers geehrt…
…und jetzt ist es so weit für eine neues Engagement
die Hoffnung trägt uns weiter!