Mittwoch, 5. November 2014

2014 in Goma


Wieder ein Sprung nach vorne mit dem cpt-Kurs 2014 in Goma

Am 22.Oktober nach einer wunderbaren farbenprächtigen Reise erreiche ich afrikanischen Boden...

...vom Sonnenaufgang, den halben Tag am Lauf des Nil... ...und in der Dämmerung... ...hat er über mir (und vielen andern) gewacht!

Am andern Tag bin ich für Stunden im Bus, durchquere das „Land der tausend Hügel“(Ruanda) und komme zur vorgesehenen Zeit in Goma an. Goma befindet sich an der Grenze zu Ruanda am Kivusee. Der Boden ist geformt von Lavaströmen, die vom nahegelegenen Vulkan Nyiragongo stammen. Eine Fülle von schrecklichen Ereignissen und grosse Aengsten haben sich an diesem Ort abgespielt und sind bis heute präsent. Den Menschen hier ein Zeichen der Solidarität und Aufmerksamkeit zu geben, ist die Kraft, die mich trägt.

Aufbauen auf alten Freundschaften...

Inmitten aller Unsicherheiten hat es gut getan, meinen langjährigen Freund, den Arzt Dr. Jo Lusi zu treffen. Er empfängt uns am wunderbaren Strand des Kivusees. Er hat auch ein Fahrzeug für unsere Arbeit bereit! Und nicht nur dies, er ist eine ausgezeichnete Unterstützung für den Ausbau der cpt-Arbeit im Congo! Pfarrer Bolingo – seit diesem Frühjahr in Ausbildung zum Kursleiter - trägt die logistische Verantwortung. Zu uns gesellen sich dann sehr bald meine beiden Co-leiter Samuel Aluta und Grégoire Ntobo, ich bin glücklich über ihre Anwesenheit.

Afrikanische Rhythmen

Ich muss mich erst wieder an das afrikanische Leben gewöhnen! Die Zeit wird hier wie ein reichliches Bad erlebt, Abmachungen sind wie immer unsicher. Es gilt die grossen, materiellen Einschränkungen der Menschen hier zu teilen. Das Ladegerät meines pc's hat sich schon zweimal überhitzt. Und dieses zu ersetzen, erfordert grossen Aufwand!

Land der Traumatisierten

Die Botschaft, die wir schon mehrfach gehört haben, lautet deutlich: „Hier ist jeder Mann und jede Frau traumatisiert“! Das stimmt, wenn auch auf verschiedenste Weise. Die Schüsse, die wir in der letzten Nacht um 02.30 h gehört haben, haben alle aufgeweckt. Für mich als Fremden eine sehr unangenehme Art geweckt zu werden, für die kriegsgeschädigten Menschen hier ein Anlass für unwillkürliche Reflexe und qualvolle Erinnerungen.

31. Oktober: Ankunft in Buhimba

Das Kurszentrum, in dem wir die nächsten fünfeinhalb Wochen verbringen werden, liegt in einer wunderbaren Landschaft. Es ist 15 km von Goma entfernt, wegen der schlechten Strasse braucht es aber eine Stunde für die Fahrt! Wir treffen sieben Kursteilnehmer und hoffen auf weitere fünf! Zudem die Anwesenden sind nicht diejenigen, die sich vor meiner Ankunft eingeschrieben haben..! Die Gründe für das Fernbleiben sind fehlendes Geld (Reise und 100.-$ Kursgeld), aber auch andere Gründe scheinen da hineingespielt zu haben.


3.November: erster Kurstag

Wir beenden den ersten Kurstag – und zu unserer grossen Freude kommt um 23 h der elfte Teilnehmer! Er kommt aus Béni, einem Ort, an dem letzte Woche 80 Menschen massakriert wurden. In der Folge kam es zu Protestaktionen der aufgebrachten Bürger gegen die untätigen Ordnungkräfte.

Unser Teilnehmer hat für die 300 km zwei Tage gebraucht. Er ist verheiratet mit Josephine, die letztes Jahr am Kurs teilgenommen hat! Er selber hat bei den Massakern in Nyankunde vor 14 Jahren vielen Menschen das Leben gerettet.

Heute morgen schliesslich trifft mit dem Schiff der zwölfte Teilnehmer ein! Er stammt von der Insel Idjwi im Kivusee. Die beiden letzten Teilnehmenden haben im Kurs ihren Platz eingenommen als wären sie schon immer mit uns gewesen! Bolingo bemerkt dazu: Diese Ausbildung ist eben nicht irgendeine Ausbildung, sondern Gott schickt Menschen seiner Wahl, da kommt nicht irgend jemand! Die übrigen Teilnehmenden drücken sich ähnlich aus. Es ist ihre Weise, das Chaos um die Kursanmeldungen zu interpretieren. Ich schliesse mich gerne an, auch wenn das Durcheinander mich eine Zeit lang fast krank gemacht hat.

Von Seiten der Teilnehmenden sind viele Erwartungen zu spüren – unmöglich auf sie alle einzugehen. Bei der Arbeit an den persönlichen Kurszielen wurde sehr deutlich, wie sehr sie von uns Leitenden alles erwarten. Wir konnten ihnen nur entgegenhalten, dass nur sie ihre Ziele formulieren können, die sie erreichen wollen. Sie sind ihr eigenes Instrument, sie haben alles bei sich. Schliesslich haben sie unsere Herausforderung verstanden und haben dieses „Neue“ in sich gerne aufgenommen.

Die ersten Arbeiten mit ihren schriftlichen Aufzeichnungen über ihre Seelsorgearbeit werden mit leidenschaftlichem Einsatz geleistet. Sie bekommen Freude am Vorgehen und bringen zusehends ihre Beiträge.


Beim Teilen der Lebensgeschichte sind wir überwältigt von der Tiefe und Echtheit des Erzählten. Und sie berichten Dinge aus ihrem Erlebten, die ich mir bisher nicht vorstellen konnte! Ich freue mich auf die Fortsetzung. Wir fühlen uns getragen vom gemeinsamen Suchprozess und der Hingabe des Einzelnen. Getragen fühlen wir uns auch durch alle, die im Gebet uns verbunden sind und uns stärken.

Erster Stolz und Befremden beim Anziehen der weissen Spitalmäntel (afrikanische Pfarrer ziehen für ihre Spitalbesuche weisse Mäntel an)



Besuch im (zweiten) Spital Ndosho und seiner Departemente



Um 300 Kriegsversehrte aufzunehmen, musste das Spital mit 200 Betten wetterfeste Zelte aufbauen